Teil 3: Henriette Herz (1764-1847)

Von 1779 bis 1795 Salonière in der Spandauer Straße 53

Henriette_Herz_by_Anna_Dorothea_Lisiewska_1778Eines bemerkte Henriette Herz schon recht früh: Sie war von außerordentlicher Schönheit. Man drehte sich nach ihr um, überhäufte sie mit Komplimenten … Manchmal stand sie gar selbst vor dem Spiegel und wunderte sich über ihr makelloses Äußeres. Henriette wurde darüber jedoch nie eingebildet. Sie galt bei ihren Freunden und Verwandten als bescheiden und gutherzig.

Anders war es mit den geistigen Dingen. Da konnte sie sich ihres Erachtens ein wenig Eitelkeit leisten. Henriette interessierte sich seit der frühen Kindheit für Literatur und Physik und beherrschte neun verschiedene Sprachen. Immer wieder fiel ihr auf, mit was für einer begrenzten Sicht die sogenannten Gelehrten aus ihrem kleinbürgerlichen, jüdischen Umfeld durch die Welt gingen. Sogar ihr Mann Marcus Herz war hier und da ein wenig einfältig. Besonders, wenn es um Herzensdinge ging.

Bei ihrer Hochzeit war sie fünfzehn, er zweiunddreißig. Klar, sie war etwas naiv an die Eheschließung herangegangen. Sie hoffte in erster Linie auf feinere Kleider, schöne Frisuren und mehr Taschengeld. Auch wenn ihr Zukünftiger ein kleiner, hässlicher Mann war, so war er doch zumindest ein angesehener Arzt mit einem geistreichen Gesicht. Ihr Ja zur Hochzeit hatte sie nie bereut. Sie liebte ihren Mann.

Marcus und Henriette Herz waren um 1800 eines der bekanntesten Intellektuellenpaare Berlins. Er, Kant-Schüler und guter Freund Lessings, und Sie, die Empfindsame und hingebungsvolle Verehrerin Goethes. In ihrem Haus in der Spandauer Straße 53, unweit der Marienkirche, fanden regelmäßig angesagte Vorträge statt. Marcus Herz langweilte seine Freunde nicht nur mit Kant-Vorträgen, während Henriette im Nebenzimmer Kaffeekränzchen zur Goethe-Lektüre veranstaltete. Das Haus der Eheleute Herz wurde auch aufgesucht, um sich beratschlagen zu lassen; wie damals, als Christian Kunth – der Hofmeister Alexander und Wilhelm von Humboldts – einen Blitzableiter in Tegel anbringen wollte und nicht so recht wusste, wie gefährlich das sei. Oder um wissenschaftliche Experimente durchzuführen; wie das Phosphor-Experiment, dass Henriette Herz mit dem kleinen Prinzen Louis Ferdinand von Preußen durchgeführt hatte.

In erster Linie war der Salon der Henriette Herz aber ein toller Ort der Begegnungen. Der Bildhauer Johann Gottfried Schadow lernte hier seine zukünftige Frau Marianne Devidels kennen. Und der achtzehnjährige Wilhelm von Humboldt war sehr verliebt in Henriette von Herz. Die beiden wurden gute Freunde und gründeten einen Tugendbund. Liebe ging hier durch den Kopf; oder das Denken schlug aufs Herz.

Was kurz danach geschah:

1795: Der Salon zieht in die Neue Friedrichstraße 22

1803: Tod von Marcus Herz

Mehr über Henriette Herz, ihre Zeit und ihre Bekanntschaften lässt sich nachlesen in: „Henriette Herz in Erinnerungen, Briefen und Zeugnissen“, Die Andere Bibliothek 2013. Neu editiert von Rainer Schmitz.

Im Dezember erwacht zum Leben: Arthur Schopenhauer – studierte bei Johann Gottlieb Fichte in Berlin, hatte für viele Menschen nur Verachtung übrig, aber liebte seine Pudel.

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